Bei beiden Geschlechtern spielt sich dasselbe Drama von Fleisch und Geist, Endlichkeit und Transzendenz ab; die Zeit nagt an beiden, der Tod lauert auf beide, und beide haben das gleiche Bedürfnis nacheinander. Sie können dieselbe Herrlichkeit aus ihrer Freiheit ziehen; wenn sie wüssten, wie man sie genießt, wären sie nicht versucht, trügerische Privilegien zu beanspruchen, und dann könnte Brüderlichkeit zwischen ihnen entstehen.
Die Emanzipation der Frauen bedeutet nicht, ihre Beziehungen zu Männern zu verbieten, sondern sich nicht in diesen Beziehungen gefangen zu lassen.
Die Verbreitung von Das andere Geschlecht in Frankreich im Jahr 1949 verursachte einen beispiellosen Skandal; die 50.000 Exemplare der ersten Auflage waren innerhalb einer Woche ausverkauft, während der Vatikan es auf seine "schwarze" Liste setzte. Das Buch, das in Amerika ein Triumph war und Beauvoir weltweit berühmt machte, bleibt bis heute einer der grundlegenden theoretischen Pfeiler der feministischen Bewegung.
Mit Das andere Geschlecht, ihrem Opus Magnum, wollte Beauvoir die Frauen aus der Position der Unterlegenheit befreien, die sie dazu zwang, das Andere der Männer zu sein, ohne ihnen das Recht oder die Möglichkeit zu geben, sich ihrerseits als das Andere zu strukturieren. [...] Mehr als siebzig Jahre nach der ersten Ausgabe von Das andere Geschlecht ist Beauvoirs Kritik an der sexuellen, wirtschaftlichen und politischen Entfremdung der Frauen, an der bürgerlichen Ehe und an repressiven Verhütungs- und Abtreibungsgesetzen in allen Errungenschaften der Frauenbewegung verankert. [...] Ihr Denken hat es geschafft, enorme Veränderungen zu bewirken, die die Agenda der Frauenemanzipation, die immer "noch geboren werden muss", kontinuierlich transformiert haben.